Liebe
Stafetten-Mailer,
im Zentrum der heutigen Bibelmail steht ein Vers aus dem ersten
Korintherbrief (1 Kor 15, 14):
“Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere
Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.”
Was ich an diesem Satz und der ganzen Passage mag, ist, dass Paulus
hier eine klare Position bezieht und sie auch unmissverständlich
formuliert: Die Überzeugung, dass der (historische) Jesus der
(auferstandene) Christus ist, bildet den Dreh- und Angelpunkt unseres
Glaubens, sonst ist er
*sinn- und nutzlos*.
Deutlicher als Paulus kann man es wohl nicht ausdrücken.
Das Gewicht, das Paulus dieser Frage beimisst, verlangt wohl auch von
uns eine klare Stellungnahme, zumal sie uns ganz direkt betrifft: “Wenn
wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben,
sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen.” (1 Kor 15,
19)
Sicher, im Glaubensbekenntnis stimmen wir immer wieder zu, “Ich
glaube...an Jesus Christus, ... am dritten Tage auferstanden von den
Toten”. So abstrakt, nach 2000 Jahren, sagt sich das auch ziemlich
leicht. Für die Korinther ging es nicht um irgendeine
abstrakte Glaubenswahrheit; da ging es um ein Ereignis, das gerade erst
gut 20 Jahre her war.
Wenn ich in Situationen bin, in denen ich die Realität des Todes
relativ konkret erlebe, wenn jemand in meinem Umfeld gestorben ist oder
ich auf dem Friedhof bete, frage ich mich manchmal, was ich
*wirklich* glaube, wenn ich “die Auferstehung
der Toten und das ewige Leben” bekenne. Bin ich mir tatsächlich so
sicher, wie Paulus es einfordert? Ehrlich gesagt, komme ich da durch
viel Nachdenken selten auf einen grünen Zweig!
In 1 Korinther 15 gibt Paulus aber auch keine rationale
Begründung, selbst wenn der Text fast wie in formaler Logik
formuliert klingt (“Wenn NICHT(X) dann Y”, “Wenn Y dann Z”, ...).
Vielmehr ist die eigentliche Hilfe, die Paulus den Korinthern an die
Hand gibt, der Hinweis auf die Kette der Zeugen und die Geschichte der
Verkündigung.
Auch eine 2000-jährige Zeugenkette mag immer noch sehr abstrakt
und dadurch wenig überzeugend sein, aber manchmal begegnet man
auch Menschen, die sie mit Leben füllen und so konkret werden
lassen. Von zwei solchen Situationen in den letzten Monaten möchte
ich euch kurz berichten:
* Im Februar ist einer meiner Onkel, der Mann meiner Patentante,
gestorben. Er hatte schon als junger Mann eine schwere Herzoperation,
und in den letzten 30 Jahren hat es immer wieder Situationen gegeben,
in denen kaum jemand geglaubt hätte, dass er einmal 67 Jahre
werden würde. Über der Todesanzeige stand “Ich weiß,
dass mein Erlöser lebt. Er weckt mich auf am Jüngsten Tag.”
(Ijob 19, 25) Manchmal mögen solche “Sprüche” nur so daher
gesagt sein, vielleicht vom Bestatter ausgesucht aus einer Menge von
Texten, die für “solche Fälle geeignet” sind. Aber alle
Erfahrungen, die ich mit meinem Onkel gemacht habe, die
Beerdigungsfeier und nicht zuletzt der Satz meiner Patentante, “wenn
ich nicht wüsste, dass es die Auferstehung gibt und wir uns am
Jüngsten Tag wiedersehen, könnte ich das gar nicht
durchstehen”, sind Zeugnis, dass die beiden diesen Vers wirklich
glauben. Ich nehme übrigens an, mein Onkel hat ihn schon vor
einiger Zeit selber ausgesucht.
* Vor ein paar Monaten ist die Mutter eines Kollegen gestorben. In
unserer Gruppe haben wir das “am Rande” mitbekommen, aber irgendwie war
es kein Thema. Es gab weder Gespräche mit dem Kollegen noch eine
gemeinsame Karte von uns oder eine andere Form der Beileidsbekundung.
Es hat sich einfach niemand darum gekümmert. Ich fand das
allerdings etwas unangemessen, weil ich denke, wenn man an den
Freudenfesten beteiligt sein möchte (Hochzeitsfeiern,
Geburtsgeschenke usw.), sollte man sich auch an der Trauer beteiligen.
Daher bin zum Sterbeamt gefahren, wo ich etwas von der
Persönlichkeit der Mutter erspüren konnte, was ich auch bei
meinem Kollegen wiederfinde. Am Tag danach haben wir, der Kollege und
ich, uns dann an dem Ort getroffen, an dem alle wichtigen
“Männergespräche” stattfinden, auf der Herrentoilette.
Nachdem ich alle klassischen “Eröffnungsworte” unpassend fand und
mir mit einem ziemlich mulmigen Gefühl im Bauch so recht nichts
einfiel, habe ich ihm am Waschbecken mit einem “Und, wie geht es dir?”
einfach die Hand auf die Schulter gelegt. Er antwortete mir “Gut.
Schön, dass du gestern da warst.” Daraufhin hat er mir in einem
längeren und recht tiefen Gespräch schnell mein mulmiges
Gefühl genommen. Er hat mir von seiner Mutter und seiner
Familieerzählt, auch, dass er, zwar christlich erzogen, aber nicht
wirklich praktizierend sei. Dann sagte er etwas, was mich sehr
beeindruckt hat: “Nachdem ich lange mit mir gerungen habe und ich mich
erst auch drücken wollte, war ich dann doch dabei, als meine Muter
gestorben ist. Das war das beste und wichtigste Erlebnis meines Lebens.
Seitdem bin ich
*vollkommen
sicher*, dass es ein Leben nach
dem Tod gibt.” Die Hoffnung, die aus dieser Überzeugung
resultierte, stand ihm wirklich ins Gesicht geschrieben und hat auch
mich angesteckt.
Ich weiß nicht, ob das hier einigermaßen nachvollziehbar
ist, aber diese beiden Fälle waren für mich in den jeweiligen
Situationen die lebendigsten Zeugnisse der Auferstehung, die ich kenne.
Vielleicht denkt ihr ja auch an den kommenden Festtagen Allerheiligen
und Allerseelen darüber nach, was ihr bzgl. der Auferstehung und
des Ewigen Lebens
*wirklich* glaubt. Und ich hoffe, dass für
euch diese Tage dann auch österliche Festtage sind.
Also Zugabe gibt's den Text zum Lied “Nur zu Besuch”, in dem die Toten
Hosen ihr Zeugnis zum Thema ablegen. Für diejenigen, die das Lied
selber nicht haben, halte ich unter dem Link
http://www.dfki.uni-kl.de/~elst/html/bibel2003/TH_NZB.mp3
eine zeitlang eine MP3-Version (5MB) bereit.
Der Staffelstab geht hiermit auf die Reise in die Schweiz, wo ihn
Heiner hoffentlich in der nächsten Woche übernehmen wird.
Viele Grüße,
Ludger
P.S.: In der Tat wurden die Feste Allerheiligen und Allerseelen
früher im Frühjahr, nach Ostern (d.h. im Lichte der
Auferstehung), gefeiert und nicht im trüben November!
http://www.festjahr.de/festtage/allerseelen.html
Anlagen
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*1 Korinther 15*:
http://www.bibelwerk.de/bibel/nt/kor1015.htm
*Nur zu Besuch (Die Toten Hosen, CD: Auswärtsspiel)*
Immer wenn ich dich besuch, fühl ich mich grenzenlos.
Alles andere ist von hier aus so weit weg.
Ich mag die Ruhe hier zwischen all den Bäumen,
als ob es den Frieden auf Erden wirklich gibt.
Es ist ein schöner Weg, der unauffällig zu dir führt.
Ja, ich habe ihn gern, weil er so hell und freundlich wirkt.
Ich habe Blumen mit, weiß nicht, ob du sie magst.
Damals hättest du dich wahrscheinlich sehr gefreut.
Wenn sie dir nicht gefallen, stör dich nicht weiter dran.
Sie werden ganz bestimmt bald wieder weggeräumt.
Wie es mir geht, die Frage stellst du jedes Mal.
Ich bin okay, will nicht, dass du dir Sorgen machst.
Und so red ich mit dir wie immer,
so als ob es wie früher wär,
so als hätten wir jede Menge Zeit.
Ich spür dich ganz nah hier bei mir,
kann deine Stimme im Wind hören
und wenn es regnet, weiß ich, dass du manchmal weinst,
bis die Sonne scheint; bis sie wieder scheint.
Ich soll dich grüßen von den andern:
sie denken alle noch ganz oft an dich.
Und dein Garten, es geht ihm wirklich gut,
obwohl man merkt, dass du ihm doch sehr fehlst.
Und es kommt immer noch Post, ganz fett adressiert an dich,
obwohl doch jeder weiß, dass du weggezogen bist.
Und so red ich mit dir wie immer
und ich verspreche dir,
wir haben irgendwann wieder jede Menge Zeit.
Dann werden wir uns wiedersehen,
du kannst dich ja kümmern, wenn du willst,
dass die Sonne an diesem Tag auch auf mein Grab scheint -
dass die Sonne scheint, dass sie wieder scheint.